Enge Straßen, kaum Auslaufzonen: Der Stadtkurs von Macau ist ein Unfallmagnet. Andreas Estner hat sich bei seiner Premiere im dortigen Formel 3-Rennen aber keine Fehler geleistet.
Wall/Macau – Stau ist in einer Großstadt nichts außergewöhnliches. Wenn man aber in einem Rennauto sitzt, fühlt man sich dabei durchaus ein bisschen wie im falschen Film. Auch Andreas Estner aus Wall ist es so gegangen, als er beim traditionsreichen Formel 3-Rennen in Macau im Qualifikationsrennen plötzlich warten musste. Eine Kollision in der ersten Kurve genügte, um den engen Stadtkurs fast vollständig zu blockieren. Nur auf der Innenbahn war ein Durchkommen – doch Estners Formel 3-Bolide stand auf der anderen Seite.
Ein typisches Macau-Erlebnis, könnte man sagen. Denn allein schon von ihrem Layout her ist die gut sechs Kilometer lange Strecke in der chinesischen Sonderverwaltungszone ein wahrer Unfallmagnet. In Rennsportkreisen auch als „Monaco des Ostens“ bezeichnet, verläuft der Guia Circuit ausschließlich über öffentliche Straßen. Die mit sieben bis 14 Metern für ein Autorennen geringe Fahrbahnbreite in Kombination mit den fehlenden Auslaufzonen führt schon beim geringsten Ausrutscher zum Crash. Leitplanken und Reifenstapel erschweren zudem die Bergung der Fahrzeuge.
Estner, der in Macau sein erstes Straßenrennen überhaupt bestritt, leistete sich selbst keinen Schnitzer. „Es war ein tolles Erlebnis, eine wirklich coole Erfahrung“, schwärmt der 19-Jährige. Obwohl er sich erst an den Geschwindigkeitsrausch im Großstadtdschungel gewöhnen musste, steigerte er seine Rundenzeiten schnell. „Mein Abstand zur Spitze wurde immer kleiner“, erzählt Estner, der für das Schweizer Team Jenzer Motorsport an den Start ging. Mit Startplatz 25 bei 30 Fahrern konnte er sehr zufrieden sein.
Formel 3 in Macau: Andreas Estner überzeugt bei Premiere
Den nächsten Schritt nach vorne machte er im Qualifikationsrennen. Trotz besagter Staufalle arbeitete sich Estner erneut näher an die Führenden heran, machte Positionen gut und kam am Ende als 19. ins Ziel. Diesen Platz hätte er fast auch im Finale gehalten. An 20. Stelle gelegen, holte der Waller in den letzten Runden schnell auf seinen Vordermann auf. „Am Schluss des Rennens habe ich mich sehr wohl gefühlt und den Abstand zur Spitze in der Rundenzeiten weiter verkleinert.“ Eine Runde mehr, und Estner hätte noch zum Überholen ansetzen können.
Doch auch so blickt der 19-Jährige mit einem positiven Gefühl auf seine Stadtkurs-Premiere zurück. „Die Fortschritte übers Wochenende waren sehr gut, und ich konnte sehr viel lernen.“ Jetzt hofft Estner, dass es nicht sein einziger Auftritt in Macau bleibt. Mit der Erfahrung aus diesem Jahr im Rücken, so ist er überzeugt, „könnte ich 2020 auf einem ganz anderen Niveau starten“.
Sein fahrerisches Talent hatte er vor Macau beim Formula Regional Championship im italienischen Monza unter Beweis gestellt. An einem teilweise recht verregneten Wochenende ging Estner für das holländische Van Amersfoort-Team an den Start, für das sein jüngerer Bruder Sebastian 2019 seine zweite Formel 4-Saison bestritten hatte (wir berichteten). Mit den Plätzen fünf und sieben in den Qualis und den Rängen vier, sechs und acht in den drei Rennen pilotierte Estner den Formel 3-Renner auf einem Niveau mit David Schumacher und Sophia Flörsch um die Hochgeschwindigkeitsbahn. Hier war der Waller heuer bereits mit der FIA Formel 3 im Renneinsatz.
Ein weiterer Beweis, wie entscheidend die Erfahrung im Formel-Sport ist. 2020 würde Estner nun gern den Lohn seines Lehrjahrs in der Serie einfahren.
Text: Sebastian Grauvogl
Kommentarer